Es stürmt und ist zugig, doch Katharina Barley ist bestens gelaunt. Sie hebt das große, silbern schimmernde Schild auf und hält es an das Geländer der oberen Brücke zwischen Jakob-Kaiser-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Die beiden Parlamentsgebäude werden über zwei Stege über der Spree miteinander verbunden. Thomas Oppermann greift zur Bohrmaschine und befestigt das Schild an der Brüstung. Applaus der Gäste brandet auf. Gemeinsam mit Michelle Münterfering blicken beide zufrieden auf ihr Werk: Jakob-Maria-Mierscheid-Steg prangt darauf in großen Lettern. Die so genannte höhere Beamtenlaufbahn heißt ab sofort Mierscheid-Steg. Damit soll der langjährige Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion für seine Verdienste geehrt werden. Doch wo steckt der Namensgeber?
SPD-Fraktionschef Oppermann macht es spannend: "Jakob Mierscheid ist nicht nur einer der treuesten Abgeordneten der SPD-Fraktion, sondern auch einer der fleißigsten, immer ist er unterwegs." Oppermann räumt ein: "Ich habe ihn selbst noch nie gesehen, seit ich Ämter in der Fraktion habe". Deshalb sei es auch an diesem Montagmittag typisch, dass Mierscheid nicht persönlich da sei - obwohl er doch heute geehrt wird.
Oppermann schmunzelt: "Gäbe es Jakob Mierscheid nicht, müsste man ihn erfinden."
Da ergreift seine Fraktionskollegin Katharina Barley, Justiziarin der Fraktion, das Wort: "Ich komme ja aus dem Wahlkreis von Jakob, und er hat mir heute früh eine SMS geschickt, dass die Hunsrück-Bahn streikt, und er deshalb nicht kommen könne".
Jakob-Maria Mierscheid wird als feste Größe wohl auch weiterhin ein politisches Phänomen und Phantom bleiben.