Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Besuchertribünen! Liebe Studierende! Liebe Eltern!
Mit der Reform des BAföG, mit der der Bund – Sie haben es eben schon gehört – nun vollständig die Finanzierung übernimmt, investieren wir in eine verheißungsvolle Zukunft, in unser Bildungssystem; denn alle Mitglieder unserer Gesellschaft müssen an Bildung teilhaben können.
Soziale Gerechtigkeit und Vielfalt, so heißt das Gebot der Stunde. Das gilt – für alle, die Niedersachsen kritisieren, will ich das als Niedersächsin noch einmal deutlich sagen – von Anfang an. Das bedeutet auch, dass wir in die frühkindliche Bildung investieren müssen.
Wenn wir soziale Gerechtigkeit wollen, dann müssen wir in Bildung investieren. Wenn wir über das BAföG reden, müssen wir auch darüber reden, dass es von Anfang an die Chance geben muss, diesen Weg überhaupt zu beschreiten. Deshalb ist die Investition in frühkindliche Bildung ein Muss.
Unabhängig davon, ob jemand an einer Universität oder einer Fachhochschule studiert: Nie darf das Portemonnaie der Eltern wie ein Berufsverbot wirken. Dem kommen wir nun mit der BAföG-Reform nach.
– Meine Redezeit ist knapp.
Lassen Sie mich kurz drei Punkte hervorheben. Erstens. Durch die Verbesserung der Kinderbetreuungszuschläge stärken wir ganz gezielt junge Väter und Mütter, ein Studium aufzunehmen, es mit Familie zu vereinbaren und vor allem auch erfolgreich abzuschließen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie hart es als junge Mutter sein kann, ein Studium zu organisieren; denn ich habe selbst mit zwei Kindern studiert.
Wir reden heute viel über die Realität. Wenn wir uns die Realität anschauen, dann stellt man allerdings fest, dass im Jahr 2012 gerade einmal knapp 4 Prozent der Studierenden ein oder mehrere Kinder hatten. Wir müssen den jungen Menschen Mut machen. Das tun wir mit der vorliegenden BAföG-Novelle. Studium und Familie sind zwei Seiten einer Medaille und gehören zusammen.
Zweitens. Durch die Erhöhung der Einkommens- und Vermögensfreibeträge erhöhen wir die Zahl der Förderberechtigten. Wir erwarten – denn wir in der SPD haben Lese- und Rechenkompetenz, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen – knapp 100 000 neue Antragsbewilligungen pro Jahr. Das sind zugleich knapp 100 000 junge Menschen, denen wir bessere Startchancen für ihre spätere Berufslaufbahn ermöglichen.
Ich möchte mir an dieser Stelle eine Anmerkung erlauben. Ich halte nichts davon, akademische gegen berufliche Bildung auszuspielen. Vielmehr brauchen wir die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Bildungswege.
Mehr als eine verfehlte Debatte brauchen wir deshalb Öffnung und Durchlässigkeit im Bildungs- und Hochschulsystem. Über das Meister-BAföG wird gleich mein Kollege Rabanus sprechen. Wer jetzt sagt, wir hätten zu viele Akademikerinnen und Akademiker, der muss sich fragen lassen: Für wen sollen die Tore der Hochschulen wieder geschlossen werden? Nein, Karrierechancen durch Bildung, das darf kein Privileg für Wohlhabende sein.
Die gute Nachricht: Mit der BAföG-Reform wird das Matthäus-Prinzip ein wenig korrigiert, das Sie alle kennen, das da lautet: Wer hat, dem wird gegeben. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – diese halsstarrige Haltung können wir uns in unserem rohstoffarmen Land nicht leisten. Unser Potenzial sind unsere klugen Köpfe. Deshalb müssen sich junge Erwachsene frei entfalten können, vor allem frei von wirtschaftlichen Zwängen und Abhängigkeiten. Dies sichert am Ende auch den Studienerfolg; denn wer weniger jobben muss, kann sich mehr auf das Studium konzentrieren. Studienerfolg durch die BAföG-Reform, das ist doch unser gemeinsames Ziel, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Drittens. Dieser Punkt liegt mir aufgrund meiner eigenen Erfahrung ganz besonders am Herzen. Insbesondere Flüchtlinge und aus EU-Staaten Zugewanderte werden jetzt vermehrt von der Ausbildungsförderung profitieren können. Das ist mir schon deshalb wichtig, weil ich als Belgierin für mein Studium in Deutschland seinerzeit keine Ausbildungsförderung erhalten habe. Mit der Reform werden wir – das heißt „back to reality“ – den Lebensverhältnissen in unserem Land nach der Bologna-Reform gerechter werden. Das ist nicht nur ein Versprechen. Das ist die Realität, und wir werden den Erfolg prüfen dürfen. Das ist auch eine Aufforderung an die Opposition, genau hinzuschauen; davor habe ich keine Angst. Diese überfällige Änderung ist insbesondere mit Blick auf die EU-Staaten Ausdruck einer Willkommenskultur in einer globalisierten Hochschulwelt.
Mit der Reform des BAföG machen wir einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit an Hochschulen. Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Ich hoffe, dass wir einige besorgte Eltern entlasten können, wenn wir sagen: Lehrjahre sind keine Hungerjahre!
Diesen Eltern sagen wir: Wir haben verstanden, was einst John F. Kennedy sagte: „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung, keine Bildung.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)