Mindestlohn ist eine weitere Leitplanke für Arbeit in Deutschland

Die Tradition der Tarifpartnerschaft habe Deutschland wirtschaftlich stark gemacht, sie habe geholfen die Finanzkrise zu überstehen und sie sei ein Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft, betonte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Gleichstarke Partner handelten Tarife aus. Dies geschehe konsensorientiert und sichere den sozialen Frieden sowie den Wettbewerb. Doch die „Tarifautonomie in Deutschland hat Risse bekommen“, sagte Nahles. Die sinkende Tarifbindung habe die Debatte über den Mindestlohn erst befördert. Das Gesetz stärke deshalb die Tarifautonomie, unterbinde die Aushöhlung der Tarifpartnerschaft und setze eine klare Grenze für die Löhne nach unten. Denn fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland verdiene weniger als 8,50 Euro pro Stunde.

Gut drei Millionen Menschen seien bislang durch Branchenmindestlöhne vor Lohndumping geschützt und dabei habe sich gezeigt, dass es nicht zu Arbeitsplatzverlusten gekommen sei. Aber es blieben „weiße Flecken, wo die Branchenmindestlöhne nicht greifen“. Deshalb sei der flächendeckende Mindestlohn notwendig. „Der Mindestlohn kommt zum 1. Januar 2015. Das haben wir versprochen und das wird gehalten“, sagte Nahles. Damit gebe es „eine weitere wesentliche Leitplanke für Arbeit in Deutschland“. „Wir geben der Arbeit ihren Wert zurück“, stellte die Bundesarbeitsministerin klar.

Rede von Bundesministerin Andrea Nahles, MdB:

Das Tarifpaket ist ein Meilenstein für die soziale Marktwirtschaft

„Für Millionen von Menschen bedeutet die Einführung des Mindestlohns die größte Gehaltserhöhung ihres Lebens“, sagte SPD-Fraktionsvizin Carola Reimann. Das Tarifpaket mit dem Mindestlohn sei ein Meilenstein für die soziale Marktwirtschaft. Auch die Unternehmen würden vom fairen Wettbewerb profitieren. „Das Tarifpaket ist nicht nur sozial gerecht, sondern auch ökonomisch vernünftig“, betonte Reimann. Außerdem schließe Deutschland damit endlich zum europäischen Standard auf. Der Mindestlohn werde für mehr Ordnung am Arbeitsmarkt sorgen, da ist sich die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese (SPD), sicher. Und der Mindestlohn werde kein stumpfes Schwert bleiben, denn es werde keine Schlupflöcher geben, stellte Griese klar. Der Mindestlohn werde das Leben vieler Menschen verbessern, insbesondere in Ostdeutschland, sagte die Leipziger SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe. Dort verdienten fast 30 Prozent der Beschäftigten weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Mit dem Mindestlohn werde auch der Wille der Bevölkerung umgesetzt, die zu 86 Prozent die Einführung des Mindestlohns befürworteten.

Rede der Stellv. Fraktionsvorsitzenden Dr. Carola Reimann, MdB:

Ab 1. Januar 2015 gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde

In 21 der 28 EU-Mitgliedstaaten gibt es bereits einen Mindestlohn. Es ist höchste Zeit, dass dies auch in Deutschland gilt. Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn bedeutet für rund vier Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer endlich eine angemessene Anerkennung ihrer Arbeit. Denn wer Vollzeit arbeitet soll davon auch ohne Unterstützung vom Amt leben können.

Der Mindestlohn soll ab 1. Januar 2015 für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeglicher Branchen gelten. Abweichungen sieht die gesetzliche Regelung nur für klar eingegrenzte Gruppen vor. Darunter fallen:

  • Jugendliche unter 18 Jahren und ohne Berufsabschluss: So soll verhindert werden, dass Jugendliche anstatt einer Ausbildung einen Job ergreifen, in dem der Mindestlohn gezahlt wird.
  • Auszubildende
  • ehrenamtlich Tätige
  • Pflichtpraktika und Praktika von bis zu sechs Wochen, die einen Ausbildungs- oder Studienbezug haben.
  • Langzeitarbeitslose, die länger als 12 Monate ohne Beschäftigung waren und in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden sollen, haben in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Die Bundesregierung wird zum 1. Januar 2017 prüfen, ob diese Ausnahme die Chancen auf einen Arbeitsplatz verbessert hat oder nicht. Beschäftigte, für die ein Tarifvertrag gilt, erhalten den Tariflohn.

Übergangsregelungen zur Mindestlohn-Einführung

Bis zum 31. Dezember 2016 gilt eine Übergangsfrist, in der tarifliche Abweichungen vom Mindestlohn möglich sind. Allerdings ist dies nur auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes im Rahmen von Branchenmindestlöhnen oder des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bei Leiharbeit gestattet – hier besteht bereits eine Lohnuntergrenze. Ohne jede Einschränkung gilt der Mindestlohn ab 1. Januar 2017. Dann müssen überall im Land und in allen Branchen mindestens 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden.

Rede von Kerstin Griese, MdB:

Wer legt den Mindestlohn fest und kontrolliert seine Einhaltung?

Die Höhe des Mindestlohns soll künftig jährlich überprüft werden. Dies erfolgt erstmalig zum 1. Januar 2018. Die Prüfung und den Vorschlag zur Anpassung des Mindestlohns nimmt eine Mindestlohnkommission vor. Die Bundesregierung setzt die vorgeschlagenen Anpassungen des Mindestlohns per Rechtsverordnung um.

Bei Kontrolle, Haftung und Sanktionen greift das Gesetz auf die bewährten Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes zurück. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll soll künftig kontrollieren, ob der Mindestlohn auch eingehalten wird. Zusätzlich soll ermöglicht werden, über eine Mindestlohn-Hotline schnell und einfach Informationen zum Mindestlohn einzuholen oder zu melden, wo er unterlaufen wird. Arbeitgebern, die den Mindestlohn nicht zahlen, drohen im Einzelfall Geldbußen von bis zu 500.000 Euro.

Rede von Daniela Kolbe, MdB:

Tarifautonomie stärken

Der Gesetzentwurf zur Stärkung der Tarifautonomie sieht außerdem vor, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für alle Branchen zu öffnen. In der Einführungsphase des gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns soll diese Öffnung für alle Branchen zur Gestaltung von tariflichen Anpassungsprozessen genutzt werden können. Zusätzlich soll die Erstreckung eines Tarifvertrages auf alle Branchen (Allgemeinverbindlichkeit) künftig dann erfolgen, wenn die Sozialpartner auf Branchenebene und auf Ebene der Spitzenverbände dies für erforderlich halten und sie im öffentlichen Interesse geboten ist.