SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich in seiner Begrüßung unter anderem für die Wahrung der Tarifeinheit und eine neue Regelung zur geförderten Kurzarbeit aus. Man dürfe das Thema Tarifeinheit – also das Prinzip „Ein Betrieb, ein Tarif“ – nicht einfach den Gerichten überlassen und ansonsten die Hände in den Schoß legen, kritisierte Steinmeier die schwarz-gelbe Bundesregierung. Seit zwei Urteilen des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2010 ist Handeln dringend geboten, um die Tarifeinheit wieder zu stärken und die Zersplitterung des Tarifvertragssystems zu verhindern.

Außerdem mahnte der SPD-Fraktionschef: „Es kann uns in Deutschland nicht dauerhaft gut gehen, wenn es unserer europäischen Nachbarschaft dauerhaft schlecht geht.“ Deshalb müssten jetzt Regelungen zur erleichterten Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld per Rechtsverordnung geschaffen werden, sodass das Instrument im Bedarfsfall „sofort scharf gestellt werden kann“.

Wie können Arbeitnehmer länger fit bleiben?

Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, erklärte aus Sicht der Gewerkschaft, wie Arbeitnehmer trotz Leistungsdruck und Arbeitsverdichtung länger fit bleiben können. „Es gibt zu wenig Arbeitsplätze, auf denen man gesund alt werden kann“, so Wetzel. Deutschland brauche endlich eine Anti-Stress-Verordnung, betonte Wetzel. Ähnlich wie bei Vorschriften zum Lärmschutz müssten von Arbeitgebern und Politik belastbare Vorgaben ausgearbeitet werden, um Angestellte besser vor Stress zu schützen.

Bei der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie sehr sich in den letzten Jahren die Arbeitswirklichkeit in den Betrieben verändert hat. Viele Betriebsräte wussten aus eigenen Erfahrungen zu berichten, dass Arbeitsabläufe immer stärker verdichtet werden und Stress und Versagensangst zunehmen.

Was das nach sich zieht, illustrierte der Geschäftsführer der BKK, Heinz Kaltenbach. Die Krankenkassen merken zuerst, wie sehr sich die Krankheitsbilder in den letzten Jahren verschoben haben. Fehltage wegen psychischer Erkrankungen nehmen ständig zu. Im Jahr 2011 lagen psychische Erkrankungen erstmals an dritter Stelle hinter Rückenleiden und Atemwegserkrankungen. Allein auf die Diagnose „Burnout“ gingen 2,7 Millionen
Fehltage zurück.

Anti-Stress-Politik im Betrieb

Wie konkrete Anti-Stress-Politik direkt im Betrieb aussehen kann, stellte Josef Bednarski, der Betriebsratsvorsitzende der Deutschen Telekom, vor.  So steht z.B. in einer Richtlinie der Telekom, dass niemand, der außerhalb der Dienstzeit E-Mails versendet, eine Antwort außerhalb der Dienstzeit erwarten darf. Ein anderes Beispiel ist Volkswagen. Dort haben Betriebsrat und Unternehmen zum Schutz der Tarifmitarbeiter eine Vereinbarung abgeschlossen, nach der für dienstliche Blackberry-Handys am Feierabend automatisch der E-Mail-Eingang abgeschaltet wird.

Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Dr. Rische referierte bei der Konferenz im Fraktionssaal der SPD im Reichstagsgebäude über flexible Übergänge in die Rente. Dabei handelt es sich um ein Kernanliegen der Gewerkschaften – und  viele Betriebsräte konnten Beispiele nennen, wo es an altersgerechten Arbeitsplätzen hapert.

Einig waren sich alle Beteiligten, dass hier gesetzliche und tarifliche Bausteine kombiniert werden müssen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, hier Lösungen zu finden, um Stress, Burn-Out und Erwerbsunfähigkeit zu verhindern. Flexible Übergänge in die Rente sind dabei genauso notwendig wie gesunde Arbeitsplätze.

Für die SPD-Bundestagsfraktion steht außer Frage: Die Arbeitswelt muss wieder menschlicher werden. Arbeitskraft ist nicht nur ein Produktionsfaktor. Es geht um Menschen mit ihren jeweiligen Bedürfnissen. Wir kämpfen dafür, dass diese wieder stärker Berücksichtigung finden.

Die Politik ist gefordert, den gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Gewerkschaften und Betriebsräte sind gefragt, wenn es darum geht, durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen für humane Arbeitsplätze zu sorgen.