In Wissenschaft und Forschung sind Frauen auch heute noch stark unterrepräsentiert. Ihre Entwicklungs- und Karrierechancen sind bei gleicher Qualifikation nach wie vor schlechter als jene von Männern. Eine „gläserne Decke“ versperrt vielen Wissenschaftlerinnen den Weg in höhere Qualifikationsstufen und Besoldungsgruppen, in Entscheidungsgremien und Leitungsfunktionen. Aber auch in politiknahen Beratungskommissionen, in wissenschaftlichen Expertengremien oder, besonders ausgeprägt, in der industriellen Forschung sind Frauen rar.
Gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen hat die SPD-Bundestagsfraktion deshalb eine Große Anfrage an die Bundesregierung zur Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung gestellt. Die Regierung war aufgefordert, sich zu mehr als 100 Fragen zu äußern, die aktuelle Situation zu bilanzieren sowie Handlungsfelder, politische Instrumente und neuen Perspektiven aufzuzeigen.
Schwarz-Gelb bleibt tatenlos
Doch die Antwort der Bundesregierung ist entlarvend: Schwarz-Gelb bleibt tatenlos. Die Regierung verweist lediglich auf Projekte von Vorgängerregierungen, hat keinerlei neue Impulse und vielfach nicht einmal Daten. Dort, wo Zahlen fehlen, interpretiert sie blind die Situation als positiv. „Nicht wissen, nicht wollen, nicht können“ – das sei die Quintessenz der Antwort der Bundesregierung, kommentierte die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD).
So leugnet die Bundesregierung beispielsweise auch die prekären Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses, obwohl die Zahlen etwas anderes belegen. Aus der Antwort geht klar hervor, dass Frauen in erheblich höherem Umfang befristet oder in Teilzeit beschäftigt werden als Männer.
Außerdem belegen die Zahlen, dass enorm viele Frauen nach der Promotion aus einer wissenschaftlichen Laufbahn aussteigen. Sind unter den erfolgreich Promovierenden noch 44,1 Prozent Frauen, sind es bei den Professorenstellen noch 18,2 Prozent.
„Das ist nicht nur ungerecht den Frauen gegenüber, das ist auch volkswirtschaftlich gesehen eine absolut schlechte Entwicklung“, kritisierte die SPD-Bildungspolitikerin Marianne Schieder. „Wir erlauben uns an dieser Stelle eine massive Verschwendung von intellektuellem Potenzial.
Zielquoten sind unverzichtbar
Fatal ist auch, dass die Bundesregierung nicht nur dort untätig ist, wo es um Rahmenbedingungen und Förderprogramme geht. Ähnlich problematisch sieht es bei den von der Bundesregierung eingerichteten Beratungsgremien aus. Von 88 Gremien sind lediglich drei paritätisch und weitere zwei annähernd paritätisch besetzt.
Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung auf, die von den Oppositionsfraktionen ausgestreckte Hand zu ergreifen und sich gemeinsam für mehr Frauen in Wissenschaft und Forschung zu engagieren. Zielquoten seien unverzichtbar, sagte Ulla Burchardt. „Es ist Zeit, dass jetzt endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.“ Unsere Gesellschaft kann es sich nicht länger leisten, die enormen Potenziale von Frauen brach liegen zu lassen.