Zu Beginn der Debatte appellierte die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär an die Vernunft, wenn über das Betreuungsgeld abgestimmt werde. Dabei kann sie eigentlich nur die eigenen Reihen gemeint haben, in denen das Betreuungsgeld auch auf wenig Zustimmung trifft.

 

Rede von Peer Steinbrück MdB

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Schwarz-Gelb stellt die Weichen falsch

Peer Steinbrück machte in seiner Rede unumwunden klar, dass er das Betreuungsgeld für „schwachsinnig“ halte. Das Gesetz sei grotesk, weder ein nennenswerter Teil der schwarz-gelben Koalition wolle es noch die Bevölkerung. Mit einem „Höchstmaß an der Selbstdisziplinierung und Selbstverleugnung“ vor allem bei der FDP werde das Betreuungsgeld nun nach gescheiterten Anläufen durchgedrückt. Immer wenn er mit Erzieherinnen und Erziehern, Arbeitgebern und mit Alleinerziehenden spreche werde deutlich, dass damit die Weichen falsch gestellt würden. Die Leistung sei gesellschaftlich rückwärtsgewandt und verfestige Rollenbilder aus der Biedermeierzeit. „Weniger Frauen werden eine eigene Berufsbiografie schreiben, weniger Kinder werden Chancen auf frühe Bildungsförderung haben“, sagte Steinbrück. Das mache die Gesellschaft ungerechter. Es werde Steuergeld eingesetzt, damit Frauen ihre Berufstätigkeit zurückstellen. Das Geld gehöre in den Ausbau der Kita-Plätze, von denen noch 200.000 fehlten. Zudem äußerte Steinbrück sein Erstaunen darüber das Finanzminister Schäuble hier eine Ausgabe genehmige, die er den Griechen nie durchgehen lassen würde. Er fragte, was wohl wäre, wenn die Griechen eine solche Leistung beschließen würden. Schließlich sei das Betreuungsgeld nicht gegenfinanziert.

SPD wird Betreuungsgeld nach der Wahl abschaffen

Selbst in der FDP werde die Verfassungsmäßigkeit des Betreuungsgeldes angezweifelt, darunter auch die Justizministerin. Steinbrück fragte, welche Rolle dieses Thema in der Debatte der Koalition gespielt habe. Er warf der Bundeskanzlerin vor, das unsinnige Gesetz nur aus dem Kalkül der Machterhaltung verabschieden zu wollen. „Eine der ersten Maßnahmen einer SPD-geführten Regierung wird die Abschaffung des Betreuungsgeldes sein", kündigte Steinbrück an.

Rede von Caren Marks MdB, familienpolitische Sprecherin

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Die SPD-Fraktion war immer gegen das Betreuungsgeld

In der Großen Koalition sei das Betreuungsgeld nicht beschlossen worden, stellte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks, in der Debatte angesichts unwahrer Behauptungen von Schwarz-Gelb klar. Es stand lediglich als unverbindliche Formulierung im Kinderförderungsgesetz. Denn nur so war die CSU bereit ,den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nach den ersten zwölf Lebensmonaten eines Kindes und die Mittel zum Ausbau der Betreuungsplätze zu verabschieden. Die SPD-Fraktion hat damals immer wieder deutlich gemacht, dass sie das Betreuungsgeld ablehnt. Wenn es damals schon beschlossen worden wäre, dann müsste die Koalition ja jetzt nicht darüber abstimmen, sagte Marks. Die Koalition glaube, dass das hochexplosive Thema vom Tisch sei, wenn das Gesetz heute beschlossen werde, doch das werde nicht so sein.

Betreuungsgeld ist Ausstieg aus sozial gerechter Bildungspolitik

Das Betreuungsgeld werde nun am 1. August 2013 eingeführt und konterkariere damit den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, der ebenfalls zu diesem Datum in Kraft trete. Caren Marks übte auch Kritik daran, dass das Betreuungsgeld dafür bezahlt werde, dass eine öffentlich finanzierte Kinderbetreuung nicht in Anspruch genommen werde, aber den Eltern zustehe, die ihren Nachwuchs von einem Au-pair-Mädchen betreuen lassen. Das sei der Ausstieg aus sozial gerechter Bildungspolitik, doch hier sei von der FDP auch nichts anderes zu erwarten. „Die von der Bundeskanzlerin einst ausgerufene Bildungsrepublik ist nichts mehr wert", sagte Marks.

Kita-Fernhalteprämie ist absurde Fehlentscheidung

In einem Kuhhandel hatte die FDP, die das Betreuungsgeld eigentlich ablehnt, der Kita-Fernhalteprämie zugestimmt, weil die Union die Abschaffung der Praxisgebühr mitgetragen hat. Zuvor hatte der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler noch kritisiert, dass das Betreuungsgeld viel Geld koste, nicht gegenfinanziert sei und eine Bildungskomponente völlig fehle. Dafür gibt es nun für die Eltern, die das Betreuungsgeld für die Bildung ihrer Kinder sparen, eine Prämie von 15 Euro obendrauf. Gleiches gilt für die Eltern, die das Betreuungsgeld für die eigene Altersvorsorge nutzen. Beides gilt der Beschwichtigung der FDP und freut die private Versicherungswirtschaft. Das Betreuungsgeld soll ab 1. August 2013 zunächst in Höhe von 100 Euro pro Monat bezahlt werden, wenn Eltern für ihr Kind kein öffentlich finanziertes Betreuungsangebot nutzen. Ab 1. August 2014 sollen dann 150 Euro pro Monat gezahlt werden.

Die Kita-Fernhalteprämie bleibt trotz des kleinen Bildungsplacebos sowohl bildungs- als auch gleichstellungspolitisch eine absurde Fehlentscheidung. Die SPD-Bundestagsfraktion wird dagegen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erheben.

 

Anja Linnekugel