Der gestern veröffentlichte Bericht der OECD zur Steuer- und Abgabenlast von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im internationalen Vergleich hat ein zentrales Thema der steuerpolitischen Debatte in Deutschland endgültig als Phantom entlarvt und ins Reich der Mythen verwiesen: Die sogenannte kalte Progression, erklärt Joachim Poß.

 

Der gestern veröffentlichte Bericht der OECD zur Steuer- und Abgabenlast von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im internationalen Vergleich hat ein zentrales Thema der steuerpolitischen Debatte in Deutschland endgültig als Phantom entlarvt und ins Reich der Mythen verwiesen: Die sogenannte kalte Progression.

 

Eindrucksvoll stellt die OECD fest, dass die prozentuale Belastung der Bruttoeinkommen in Deutschland seit 1990 für alle Einkommensklassen gesunken ist. Und das, obwohl die Bruttoverdienste im gleichen Zeitraum um 20 Prozent gestiegen ist. Gäbe es die immer wieder als Kritik an unserem progressiven Steuertarif angeführte kalte Progression wirklich, hätte das Gegenteil der Fall sein müssen: Bei steigendem Bruttoverdienst hätte die prozentuale Belastung steigen müssen. Genau diesem Effekt aber, so die OECD, hat insbesondere die rot-grüne Steuerpolitik in den Jahren nach 2000 entgegen gewirkt.

 

Nach dem finanziellen Handlungsspielraum haben die von der Steuerschätzung frisch bekehrten bisherigen Steuersenkungsapostel aus den Reihen vor allem der FDP und der CSU jetzt auch ihr zentrales theoretisches Argument verloren. Stets musste die Bekämpfung der jetzt als bloßes Gespenst enttarnte kalte Progression herhalten, um Stufentarife und andere Steuersenkungsabenteuer zu begründen.

 

Als reales Problem im Bereich der Steuern und Abgaben benennt die OECD denn auch etwas ganz anderes, nämlich die hohe Belastung von Alleinerziehenden und Geringverdienern in Deutschland. Hier gilt es in Zukunft, Erleichterung zu schaffen. Das muss das Kernthema einer seriösen Steuerdebatte in Deutschland werden.