Herr Oppermann, es steht der Verdacht im Raum, dass Sebastian Edathy aus der SPD-Spitze vor drohenden Ermittlungen gewarnt worden ist. Haben Sie, Sigmar Gabriel oder Frank-Walter Steinmeier Edathy einen Hinweis gegeben?

Ich habe in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt mit ihm gehabt. Und ich bin absolut sicher, dass keiner von uns Sebastian Edathy irgendeinen Hinweis gegeben hat.

Nachdem Sigmar Gabriel Sie über den Fall Edathy informiert hat, haben Sie bei BKA-Chef Jörg Ziercke angerufen. Warum?

Wenn einzelne Abgeordnete in Schwierigkeiten kommen oder gar mit dem Strafgesetz konfrontiert werden, dann ist es Aufgabe des parlamentarischen Geschäftsführers, sich darum zu kümmern. Als der Hinweis auf Edathy kam, hatte ich die Sorge, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. Deshalb habe ich bei Herrn Ziercke angerufen, um die Sache einordnen zu können.

Was wollten Sie überhaupt mit den Informationen des BKA-Chefs anfangen?

Es stand eine Regierungsbildung bevor mit wichtigen Personalien. Da kann es zu schweren Fehlentscheidungen kommen. Es lag in meiner Verantwortung, den Hinweisen nachzugehen.

Sie sprechen davon, dass Herr Ziercke die Vorwürfe bestätigt hat. Herr Ziercke widerspricht. Einer von Ihnen beiden lügt doch!

Nein. Herr Ziercke hat mir in dem Gespräch keine Einzelheiten genannt. Ich habe ihm die Informationen von Innenminister Friedrich vorgetragen. Weil er die nicht kommentiert hat, hatte ich nach dem Gespräch den Eindruck, dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist.

Edathy hat sich nach der Bundestagswahl Hoffnung auf einen Posten als Staatssekretär oder Vizefraktionschef gemacht. Hat Edathy mit Ihnen über seine Karrierewünsche gesprochen?

Ja. Ich hatte mit Herrn Edathy am Rande der Koalitionsverhandlungen am 8. November auf seinen Wunsch ein kurzes Gespräch, in dem es ausschließlich um seine Karrierewünsche ging. Dabei habe ich zum Ausdruck gebracht, dass seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss hoch geschätzt werde, ich ihm jetzt aber noch nichts über künftige Möglichkeiten sagen könne. Danach ist Sebastian Edathy nie wieder auf mich zugekommen. Er hat keinerlei Interesse mehr an einem politischen Posten signalisiert. Ich nehme an, dass dies an der breiten Berichterstattung über die Ermittlungserfolge in Kanada lag. Sebastian Edathy hat wohl gesehen, dass etwas auf ihn zukommen könnte.

Minister Friedrich ist zurückgetreten. War das notwendig?

Ich bin absolut sicher, dass Herr Friedrich nichts Unrechtes tun wollte. Er hat eine Ermessensentscheidung getroffen und sich dabei sehr anständig gegenüber dem künftigen Regierungspartner verhalten. Dass er dafür mit dem Rücktritt bezahlen musste, ist bitter und tragisch. Ich schätze Herrn Friedrich persönlich. In den Koalitionsverhandlungen haben wir eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet.

Müssen Sie jetzt auch zurücktreten? Immerhin wirft Ihnen CSU-Chef Horst Seehofer Geschwätzigkeit vor...

Es geht um Wahrhaftigkeit! Es war doch klar, dass es von Interesse sein wird, wer wann was gewusst hat. Dazu lagen mir auch konkrete Presseanfragen vor. Die wollte ich ehrlich beantworten. Deshalb habe ich mich entschieden, am Donnerstag keine Teilinformationen, sondern die ganze Wahrheit auf den Tisch zu legen.

Jetzt steigt der Druck auf Sie, weil Ihnen vorgeworfen wird, Friedrich ans Messer geliefert zu haben...

Das ist nicht richtig. Ich musste auf die Anfragen reagieren und habe die Erklärung mit Friedrich telefonisch abgesprochen. Er kannte auch die schriftliche Fassung vorab und hatte keine Einwände. Ich bin zu jedem Zeitpunkt fair mit Herrn Friedrich umgegangen.

Fürchten Sie Ermittlungen gegen Sie wegen Strafvereitelung?

Nein. Ich war mir der Brisanz der Informationen von Herrn Friedrich sehr bewusst und habe mich in jeder Hinsicht gesetzeskonform verhalten.

Werden Sie dem Innenausschuss Rede und Antwort stehen?

Das ist nicht der richtige Rahmen. Ich will nächste Woche vor dem ganzen Bundestag reden.

Haben wir eine Regierungskrise und kann die Große Koalition noch vertrauensvoll zusammenarbeiten?

Wir alle wollen, dass diese Regierung Erfolg hat. Deshalb glaube ich, dass wir schnell wieder zu einer vertrauensvollen Kooperation zurückfinden werden.

Wie soll es mit Herrn Edathy weitergehen?

Ich wünsche mir, dass er fair und gerecht behandelt wird.