Die SPD-Bundestagsfraktion will eine offene Gesellschaft. Jeder einzelne Mensch, der dieser Tage auf die Straße geht, ist uns wichtig. Jeder einzelne und sein gesellschaftliches Engagement ist unser Antrieb. Egal ob homo-, bi-, trans- oder intersexuell, egal ob Transgender oder queer – wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen gleiche Rechte für alle. Dazu gehört auch die vollständige rechtliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaft, ohne wenn und aber. Wir akzeptieren und respektieren alle Lebensentwürfe. Wir wollen eine Gesellschaft, in der jede und jeder  frei von Gewalt und Diskriminierung selbstbestimmt und gleichberechtigt leben und lieben darf.

Angleichung bestehender Gesetze für eingetragene Lebenspartnerschaften

Noch bis zur Sommerpause wird der Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner kommen, wie es im Koalitionsausschuss vereinbart wurde. Es betrifft über 100 Einzelregelungen und geht in alle Bereiche. Hier wird deutlich wie vielschichtig die Ungleichbehandlung bisher war. Der Kabinettsbeschluss ist im Mai 2015 zu erwarten. Hiermit wird dieser Punkt des Koalitionsvertrages erfüllt und zeigt unsere Entschlossenheit hier auch durch zähe Verhandlungen zu gehen.

Neues Referat Gleichgeschlechtliche Lebensweisen und sexuelle Identitäten im Bundesfamilienministerium eingerichtet

Diese Haltung dokumentiert auch deutlich das unter Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig 2014 eingerichtete Referat „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen, sexuelle Identitäten“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Unter Leitung von Frau Dr. Blomeyer wird dort einerseits die im Herbst 2014 eingerichtete interministerielle Arbeitsgruppe Inter- und Transsexualität koordiniert. Diese hat es sich auf Grundlage der Vereinbarungen unseres Koalitionsvertrages zum Ziel gesetzt mit allen beteiligten Bundesministerien konkrete Verbesserungen für inter- und transsexuelle Menschen zu erarbeiten. Andererseits übernimmt das Querschnittsreferat innerhalb aller Bundesministerien die Informationsbündelung und den Wissenstransfer zu diesen Themen.

Rehabilitierung § 175 StGB und Nationaler Aktionsplan

Die SPD-Bundestagsfraktion wird fraktionsübergreifend für eine Rehabilitierung und Entschädigung der Verurteilten nach § 175 (Urteile gegen „Homosexuelle Handlungen“) werben und den „Nationalen Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“ um das Thema „Homo- und Transphobie“ erweitern. In Bundesjustizminister Heiko Maas haben wir einen guten Mitstreiter. Er hat bereits mehrfach seine Bereitschaft erklärt, trotz der bekannten Bedenkenträger prüfen zu lassen wie die Rehabilitation verfassungskonform erfolgen kann.

Adoptionsrecht

In Deutschland gibt es noch immer ein unterschiedliches Adoptionsrecht für Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2013 ist es zwar eingetragenen Lebenspartnern nunmehr erlaubt, das adoptierte Kind des anderen Partners in einem zweiten Schritt ebenfalls zu adoptieren (Sukzessivadoption). Dies ist ein Fortschritt und unter dem Aspekt des Kindeswohls zu begrüßen. Doch bleibt die eingetragene Lebenspartnerschaft damit leider noch immer eine Ehe zweiter Klasse, der das gemeinschaftliche Adoptionsrecht verwehrt wird. Das will die SPD-Bundestagsfraktion ändern und dafür werben wir auch und gerade bei unserem Koalitionspartner.

Melderecht

Wir haben die vom Bundesverfassungsgericht geforderte steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften auch im Melderecht vollzogen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat erfolgreich durchgesetzt, dass die Daten, die auch an kirchliche Arbeitgeber übermittelt werden, ausschließlich für steuerliche Zwecke verwendet werden dürfen und keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für die Beschäftigten nach sich ziehen. Diese Verbesserung trat zum 26. November 2014 in Kraft.

Interfraktionelle Gruppe im Familienausschuss

Parallel dazu gibt es seit 2014 im Bundestag im Familienausschuss eine interfraktionelle Gruppe die, aufbauend auf den umfassenden Vorarbeiten aus der letzten Legislatur, konkrete Verbesserungen für intersexuelle (Klein)-Kinder in den Fokus nimmt. Gemeinsam mit den Arbeitsgruppen Gesundheit und Recht arbeiten wir darauf hin, dass Selbstbestimmungsrecht intersexueller Minderjähriger zu stärken und geschlechtsangleichende Operationen bei Babies und Kleinkindern zu verbieten. Gleichzeitig möchten wir das Informations- und Beratungsangebot sowohl für intersexuelle Menschen und ihre Angehörigen als auch die breite Öffentlichkeit ausbauen und dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Bedarfe von inter- wie auch von transsexuellen Menschen besser berücksichtigt werden.

Diskriminierung findet noch immer statt. Sie hat viele Facetten, beginnt beim Adoptionsrecht und geht weit über die Rehabilitierung Verurteilter nach § 175, das Melderecht oder das Steuerrecht hinaus. Immer noch bleibt die Lebenspartnerschaft eine Ehe zweiter Klasse. Wir wollen die Öffnung der Ehe, damit sämtliche, noch bestehenden, rechtlichen Diskriminierungen beendet werden. Wir wollen die Gleichheit vor dem Gesetz nach Artikel 3 des Grundgesetzes – egal welcher sexuellen Identität. Dafür setzen wir uns seit Jahren ein, und das soll auch die Richtschnur unseres Handelns sein.

Bekämpfung von Homo-, Trans- und Interphobie

Vorurteile, Benachteiligungen und offenen Anfeindungen gegen Lesben, Schwule, trans-oder intersexuelle Menschen zu bekämpfen ist eine Daueraufgabe, der wir uns auch in der Großen Koalition stellen.
So werden im neuen Bundesprogramm „Demokratie leben“ des BMFSFJ aktuell neun Modellprojekte und ein bundesweites Strukturprojekt gefördert um Homo- und Transphobie wirkungsvoll zu begegnen.
In einer interministeriellen Arbeitsgruppe koordinieren das Bundesinnenministerium und das Bundesfamilienministerium die im Koalitionsvertrag vereinbarte  Erweiterung des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus um die Merkmale Homo- und Transphobie.

Steuerrecht

Nach zähen Verhandlungen mit CDU/CSU konnten wir am 5. Juni 2014 die vollständige steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften erreichen, wie es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2013 gefordert ist.

Konkrete Schritte

Dies sind wichtige Schritte hin zur längst überfälligen 100%igen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften. Wir sollten uns allerdings auch nichts vormachen. Mit der CDU/CSU wird das nur schrittweise gehen. Uns ist klar, dass das nicht reicht. Aber das Kräfteverhältnis innerhalb der Koalition erlaubt keinen Alleingang. Wir werden also in der Großen Koalition um jede einzelne Verbesserung auf Grundlage des Koalitionsvertrages hart verhandeln müssen.

Auch in unserer Gesellschaft müssen wir das Schubladendenken und die Skepsis gegenüber echter Gleichberechtigung teilweise noch überwinden. Vorurteile und Ablehnung alternativer Lebens- und Liebesformen sind sehr häufig auf fehlendes Wissen oder bewusste Falschinformationen zurückzuführen. Wir treten entschieden neokonservativen Kräften à la AfD, pseudo-„besorgten Eltern” sowie fundamentalistisch-religiösen Gegnern der Akzeptanz vielfältiger Lebensweisen entgegen.