Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat das Vertrauen der Menschen in das herkömmliche Wachstumsmodell nachhaltig erschüttert. Sie ist das Ergebnis einer Wirtschaftsordnung, in der die Finanzmärkte zum Dreh- und Angelpunkt geworden sind und sich von der Realwirtschaft abgekoppelt haben. Dieses Modell ist gescheitert.

Die europäische Wirtschaftskrise, die viele Euroländer in eine Abwärtsspirale aus Rezession und Verschuldung treibt, ist eine unmittelbare Folge der Finanzmarktkrise. Dabei müssen sich alle Staaten der Frage tragfähiger öffentlicher Haushalte mit stabilen Einnahmen, geringerer Verschuldung und geringerer Abhängigkeit von den Finanzmärkten stellen. Die Eurokrise setzt uns großen ökonomischen Risiken aus. Es kann Deutschland nicht dauerhaft gut gehen, wenn es Europa schlecht geht. Drei Jahre erfolglose Krisenpolitik in der Eurozone haben gezeigt, dass wir mit immer neuen Rettungspaketen und Spardiktaten alleine die Krise nicht überwinden werden. Gelingen kann das nur, wenn wir die europäische Wirtschaft auf einen Pfad höherer Investitionen und neuen Wachstums zurückführen. Dafür brauchen wir in Europa einen Richtungswechsel zur Realwirtschaft – mit schärferer Kontrolle und angemessener Besteuerung der Finanzmärkte, mit echter Wertschöpfung statt bloßer Wertabschöpfung.

Eine starke industrielle Basis und ein starker, in der Realwirtschaft verankerter Dienstleistungssektor sind die Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit und ein hohes Beschäftigungsniveau. Das setzt auch voraus, dass der ins Stocken geratene Umbau unseres Energiesystems, der Ausbau und Erhalt der Infrastrukturbasis (Verkehr, Energie etc.) und die Sicherung des Fachkräftebedarfs gelingen.

Wer aus den Krisenerfahrungen der letzten Jahre keine Lehren zieht, riskiert die Zukunft. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik muss national, europäisch und international umsteuern, um Europa ökonomisch zu stabilisieren, Arbeitslosigkeit zu besiegen und unseren Wohlstand nachhaltig zu sichern.

  • Wie kann Deutschland mit neuer Entschlossenheit zu einer Politik der Vollbeschäftigung zurückkehren? Wie kann die Arbeitslosigkeit in Europa sinken, wie kann insbesondere die junge Generation neue Hoffnung schöpfen?
  • Wie müssen ein Programm zur industriellen Erneuerung und eine nachhaltige Wachstumsstrategie für Europa aussehen? Wie stärken wir Wissenschaft, Innovation und neue Technologien als Treiber eines neuen Wachstums?
  • Wie kann es gelingen, die deutsche Abhängigkeit von den Risiken und Schwankungen des Weltmarktes und zugleich die europäischen Ungleichgewichte zu reduzieren durch eine neue Balance zwischen Export und Stärkung der Binnennachfrage?
  • Wie ordnen wir das Banken- und Finanzsystem neu, um es wieder in den Dienst der Realwirtschaft zu stellen, den Steuerzahler vor der Sozialisierung der Verluste zu schützen, das Primat der Demokratie zurückzuerobern und künftigen Krisen vorzubeugen?
  • Wie schaffen wir den Umbau unseres Energiesystems hin zu einer verlässlichen, bezahlbaren und nachhaltigen Versorgung durch erneuerbare Energien?
  • Wie können ein neues Modell von Wohlstand und ein neuer qualitativer Wachstumsbegriff aussehen, die soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit stärker als bislang zur Grundlage unseres Wirtschaftens machen?
  • Wie muss ein Steuer- und Finanzkonzept aussehen, das Einsparungen realisiert, Mehreinnahmen dort generiert, wo genügend finanzielle Ressourcen verfügbar sind, und gleichzeitig in Zukunftsaufgaben wie Bildung und Infrastruktur investiert?

Darüber diskutierten:

  • Brigitte Ederer, Mitglied des Vorstands der Siemens AG, Leitung Corporate Human Resources und Arbeitsdirektorin
  • Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und stellvertretender Vorsitzender der SPD
  • Peer Steinbrück, MdB, Bundesminister a.D.

Moderation:
Bernd Ziesemer, Verlag Hoffmann und Campe