Überprüft wurden rein ausländische Kommunikationsverkehre, die über Satellit geführt in Deutschland vom BND erfasst wurden. Unter den Selektoren (zu Beispiel IP-Adressen sowie Telefon- und E-Mail- Anschlüsse) sollen sich Begriffe befunden haben, die in den Bereich der Wirtschaftsspionage und der Ausspähung französischer Behörden hineinreichen könnten.

Angeblich sind solche Selektoren seitens des BND erstmals im Jahr 2005 entdeckt worden. Im Januar 2006 sollen diese Begriffe über eine „Ablehnungsdatei“ (Selektorenliste) geblockt worden sein. Anschließend soll eine fortlaufende Prüfung der Begriffe stattgefunden haben. Doch im August 2013, nachdem die Snowden-Dokumente öffentlich wurden, soll eine stichprobenartige Überprüfung der Suchbegriffe ergeben haben, dass eine Reihe von Selektoren übersehen und nicht aussortiert worden waren. Über den Umfang der Selektorenliste existieren unterschiedliche Angaben.
Die Spitze des BND und auch das Bundeskanzleramt hätten jedenfalls erst im März 2015 von den ausgefilterten Selektoren erfahren, heißt es. Denn diese „Ablehnungsdatei“ oder Selektorenliste ist nach Angabe des Bundeskanzleramts erst aufgrund eines Beweisantrages des NSA-Untersuchungsausschusses in den Unterlagen, die der BND für den Untersuchungsausschuss an das Kanzleramt lieferte, entdeckt worden.

Seitdem das bekannt wurde, setzt sich die SPD-Fraktion dafür ein, dass das Parlament im Sinne des Aufklärungsinteresses in geeigneter Weise informiert wird. Zudem vernimmt der Untersuchungsausschuss teilweise zum zweiten Mal Mitarbeiter des BND, die mit der Prüfung der Selektorenliste befasst waren. Dabei gelte es auch zu klären, warum die Spitzen von BND und Kanzleramt zunächst nicht von der Arbeitsebene des BND informiert worden seien, so SPD-Obmann Christian Flisek im Rahmen eines Pressegesprächs. Denn es stellten sich Fragen nach einem „Eigenleben“ innerhalb des BND und nach „Grenzen der Kontrollfähigkeit“.

Im Raum steht der Verdacht, dass die Selektoren, die die NSA eingespeist hat, zur Wirtschaftspionage sowie zum Ausspähen europäischer Regierungen gedient haben könnten. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte dazu in einer Debatte am 21. Mai: „Sollte sich dies als wahr erweisen, würde das nicht nur das Vertrauen in den Verbündeten beschädigen, sondern vor allem das Vertrauen in den eigenen Nachrichtendienst.“

Oppermann stellte klar, dass die Kooperation von Nachrichtendiensten auf Grund der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus notwendig sei, vor allem vor dem Hintergrund, dass junge Deutsche und Europäer als so genannte Foreign Fighters in den Krieg im Nahen Osten ziehen würden und jederzeit zurückkommen könnten. Die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit der NSA müsse jedoch auf einem klaren rechtlichen Rahmen basieren.

Die Entscheidung, ob und in welcher Form das Parlament Einblick in die Selektorenliste erhält, liegt in der Verantwortung der Bundesregierung und vor allem beim Bundeskanzleramt, das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständig ist. Für Christian Flisek ist klar, dass der Abwägungsprozess und auch das Konsultationsverfahren mit den USA Zeit in Anspruch nehmen. Schließlich müssten das Aufklärungsinteresse des Parlaments und das „Staatswohlinteresse der Bundesrepublik Deutschland an einer funktionierenden Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten und einer funktionierenden nachrichtendienstlichen Kooperation mit amerikanischen Geheimdiensten“ in Einklang gebracht werden.

In Rede steht, dass ein Ermittlungsbeauftragter für den NSA-Untersuchungsausschuss und das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGR) Einsicht in die Liste erhalten und die Mitglieder beider Gremien in einem geeigneten Verfahren informieren könnte. Das sei für die SPD-Bundestagsfraktion ein gangbarer Weg. 

Der SPD-Obmann Flisek machte deutlich, dass die Überwachung der Ausland-Ausland-Kommunikation durch den BND auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt werden müsse, um diese Tätigkeit aus dem bisherigen rechtlichen Graubereich zu holen. Die Bürgerrechte von In- und Ausländern müssten gewahrt werden. Zudem komme es auf eine effektive parlamentarische Kontrolle an.