Zum Jahresende hätte Röttgen Vorschläge angekündigt, die in ein Endlagersuchgesetz münden sollen. Doch als ihn Bundestagsabgeordnete Ende September wegen vieler offener Fragen vor das Plenum zitierten, konnte er zu einem Zeitplan nur wenig konkretes sagen - Röttgen machte deutlich, er wolle einen Konsens in dieser Frage. Doch der ist noch fern und das macht es für ihn auch so schwer, mit eigenen Vorschlägen vorzupreschen.

Streng genommen gibt es vier Optionen:

  • Ein Festhalten an der Erkundung Gorlebens mit ergänzenden geologischen Prüfungen („Gorleben Plus“)
  • eine Langzeitzwischenlagerung mit Option auf eine Endlagerung im Ausland
  • eine Endlagerung nicht in tiefen geologischen Schichten, sondern zum Beispiel in Bunkern
  • eine bundesweite neue Endlagersuche.

 

Röttgen stellte in einem Brief an Niedersachsens Ministerpräsidenten David McAllister, dass Gorleben erst einmal weiter erkundet werden soll. Aber das Risiko ist nicht unerheblich, dass Gorleben sich in einigen Jahren als ungeeignet entpuppt. Eine interdisziplinäre Projektgruppe der Europäischen Akademie kam nach zweieinhalbjähriger Arbeit zu der Empfehlung, Gorleben in einem fest abgesteckten Zeitplan weiter zu erkunden, jedoch für den Fall des Scheiterns Alternativoptionen zu entwickeln („Gorleben Plus“).

McAllister scheint sich auf den seit 30 Jahren als einzigem Standort auf der Agenda stehenden Salzstock Gorleben nicht festlegen zu wollen. Der niedersächsiche Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) schlug eine Lagerung etwa in früheren militärischen Bunkeranlagen vor. Kritiker sehen darin ein Verschieben des Problems auf künftige Generationen und womöglich ein Vehikel, um die 29 000 Tonnen hochradioaktiven Müll aus deutschen Atomanlagen nach einer Langzeitzwischenlagerung im Ausland entsorgen zu können - zum Beispiel für viele Milliarden in Russland. Wie könnte aber verhindert werden, dass nukleare Stoffe zweckentfremdet werden? Und wie sollte so viel Atommüll sicher transportiert werden?

Mit den Vorstößen Niedersachsens wird zudem eine grundsätzliche Frage aufgeworfen, die die bisher vorherrschende Fachmeinung infrage stellt: Könnte der Atommüll - anders als in Gorleben, wo das Salz den Müll umschließen würde - nicht auch rückholbar gelagert werden? Das würde den Spielraum an Optionen deutlich erweitern. Die Röttgen beratende Entsorgungskommission (ESK) lehnt das klar ab und plädiert für die nicht-rückholbare Variante. „Dann wäre das ganze Endlager nach 60 bis 80 Jahren sicher verschlossen und wartungsfrei“, sagt der ESK-Vorsitzende Michael Sailer. Wenn man den Müll in hunderten Meter Tiefe lagere und den Standort nicht verschließe, könne Wasser eindringen und radioaktiv verseuchtes Wasser wieder austreten. „Zudem hinterlässt man das Problem dann auch zukünftigen Generationen, da eine ständige Überwachung und Instandhaltung garantiert werden muss.“

Die vierte Variante ist die einzige, die ein echter Neustart wäre. Dafür macht sich in erster Linie Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller stark. Sollten sich weitere Bundesländer seinen Vorschlägen nach einer bundesweiten Prüfung von vier Alternativstandorten anschließen, könnte erstmals ein Abrücken von Gorleben erreicht werden. Nur Standorte mit Ton- und Salzgesteinen sollen demnach einbezogen werden und bis 2014 vier Alternativmöglichkeiten unter Bürgerbeteiligung ausgewählt werden. Bis 2020/2021 sollen dann zwei Standorte in die Endauswahl kommen.

Aber schon das Scheitern des Gesetzes zur unterirdischen Speicherung des Klimakillers CO2 zeigt, dass sich einzelne Länder bei der Entsorgung von Energiemüll gerne in die Büsche schlagen – getreu der Devise: Nicht in meinem Hinterhof.