Wenn man in das deutsche Asylgesetz schaut, scheint die Rechtslage zunächst klar. Denn § 18 Abs. 2 Nr. 1 Asylgesetz sieht vor, dass die Grenzschutzbeamten einem Ausländer die Einreise verweigern dürfen, wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist, also zum Beispiel aus einem anderen Land der Europäischen Union.
Nur, so einfach, wie es viele es glauben machen wollen, ist es nicht.

Dazu sagte Innenminister de Maiziere (CDU), der in der Bundesregierung auch der „Verfassungsminister ist“, in einem Interview mit der Welt am 13. Dezember auf die Frage, warum sich die Bundesregierung trotz dieser Vorschrift gegen das Zurückweisen entschieden habe: „Darüber kann man rechtlich lange diskutieren. Das deutsche Recht wird in vielerlei Hinsicht vom europäischen überlagert“.

Die Maßstäbe für das Asylrecht finden sich heute in der Tat weitgehend in europäischen Regeln, vor allem im Schengener Grenzkodex und in der Dublin III-Verordnung. Der Blick in die deutschen Gesetze allein hilft also schon lange nicht mehr weiter. Diesen Vorrang des Europäischen Asylrechts vor dem deutschen Grenzpolizeirecht anerkennt im Übrigen auch das deutsche Asylrecht (§ 18 Abs. 4 AsylG).

Nach Artikel 17 der Dublin III -Verordnung besitzt jeder Mitgliedstaat ein sogenanntes Selbsteintrittsrecht. Ein Land kann danach jederzeit ein Asylverfahren an sich ziehen, auch wenn nach den Dublin-III-Regeln an sich ein anderer europäischer Staat zuständig wäre. Von diesem Selbsteintrittsrecht hat Deutschland im Spätsommer 2015 Gebrauch gemacht. Eine politische Entscheidung, die rechtlich also völlig zulässig ist. Es war und ist nicht rechtswidrig, wenn die Einreise Schutzsuchender trotz Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zugelassen wird. Außerdem ist Deutschland nach der Dublin-VO verpflichtet, zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Ist es Deutschland, wird der Antrag hier geprüft. Ist es ein anderer Mitgliedstaat, ist vorgesehen, dass Deutschland diesen Mitgliedstaat um Rückübernahme ersucht.