Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir müssen hier heute die Entscheidung treffen, ob wir den vorliegenden Gesetzentwürfen und dem Entschließungsantrag zustimmen oder nicht.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist besser, wir lassen es sein!)

Die SPD wird zustimmen. Wir stehen zu unserem Wort, das wir bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages gegeben haben. Diese Koalition ist handlungsfähig.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lieber Kollege Behrens von den Linken, Sie haben in den letzten Tagen meine Fraktion aufgefordert, heute dagegenzustimmen. Ich bin mir auch nach Ihrer Rede gerade
ganz sicher, dass Sie nicht verstanden haben, wie Koalitionen funktionieren. Da kann nicht jeder das machen, was ihm gerade so in den Kopf kommt.

(Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])

Das hat auch nichts mit Geschacher zu tun. Zum Glück sind Ihre Parteifreunde in Brandenburg und in Thüringen einen Schritt weiter. Man ringt um Vereinbarungen,
sucht gemeinsam nach Lösungen und setzt am Ende den Koalitionsvertrag um.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)

Wir brauchen in Deutschland eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur. Sie sichert die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger und schafft so wirtschaftliches Wachstum.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Gesetz heute
zu tun?)

Wir wollen, dass Deutschland mobil bleibt. Ein Land mit kaputten Brücken und Straßen schränkt Mobilität ein und gefährdet letztlich auch Arbeitsplätze. Wir werden bis zum Ende der Legislaturperiode ein Niveau der Verkehrsinvestitionen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr erreichen. Das kann nicht alles auf Pump bezahlt, sondern muss vernünftig gegenfinanziert werden. Neben zusätzlichen Steuereinnahmen müssen wir daher auch die Nutzerfinanzierung ausweiten.
Es gibt wohl kein verkehrspolitisches Thema, über das in Deutschland aufgeregter und emotionaler diskutiert wurde als über die Pkw-Maut.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt!)

Seit der Unterschrift der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD unter den Koalitionsvertrag war klar: Es soll auf Wunsch der CSU in Deutschland eine Pkw-Maut
geben. Die Frage war immer nur, wie.

(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Dafür hat die SPD im Koalitionsvertrag klare Bedingungen formuliert. Eine davon war für uns, dass kein deutscher Autofahrer durch die Pkw-Maut zusätzlich belastet wird. Diese Bedingung ist erfüllt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir legen Ihnen heute auch ein verkehrspolitisches Gesamtpaket aus einem veränderten Gesetzentwurf zur Pkw-Maut, einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf
allen Bundesstraßen und einer eindeutigen Strategie zur Priorisierung der Verkehrsinvestitionen vor. Wir haben lange und ausführlich über den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diskutiert. Begonnen hat dies übrigens mit der parlamentarischen Debatte in einer Aktuellen Stunde im Juli letzten Jahres, die Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damals beantragt haben.

(Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])

In den letzten Wochen haben wir in drei verschiedenen Ausschüssen über ein Dutzend externe Fachleute angehört. Der Verkehrsausschuss hat zweimal mit der EUVerkehrskommissarin Bulc über die Einführung einer Pkw-Maut diskutiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und SPD haben in den letzten Wochen und Monaten die Nerven behalten. Wir haben ordentlich miteinander gearbeitet, wir haben allerdings auch hart miteinander gerungen, und wir sind schlussendlich zu einer Lösung gekommen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, das hörte sich vor zwei Wochen noch anders an!)

Heute ist klar: Die Pkw-Maut wird kommen, allerdings anders, als sie in den Deutschen Bundestag hineingekommen ist.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anders als es im Koalitionsvertrag steht!)

Wir haben in der SPD-Fraktion nach den Expertenanhörungen beschlossen, dass wir der Pkw-Maut nur mit Änderungen zustimmen können. Wir haben als SPD einen besseren Datenschutz gefordert; jetzt werden die Speicherfristen für persönliche Daten von drei Jahren auf ein Jahr reduziert.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie toll! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wir haben gefordert, dass Ausländer bei den Zeitvignetten nicht diskriminiert werden dürfen; jetzt wird es bei den Zeitvignetten eine Staffelung nach Ökoklassen geben.
Ich finde, das ist auch eine wichtige Forderung aus Europa gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben gefordert, dass es eine automatische Überprüfung der Pkw-Maut zwei Jahre nach der Einführung im Bundestag geben muss;

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Selbstzerstörungsklausel im Vorhinein!)

jetzt gibt es im Gesetz einen verbindlichen Einnahme- und Bürokratiecheck.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß um die Sorgen in den Grenzregionen. Ich bedaure sehr – das muss ich so sagen –, dass sich die Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU nicht dazu durchringen konnten, an dieser Stelle unseren Vorschlag mitzutragen. Besser wäre es gewesen, in Ausnahmefällen gegebenenfalls einzelne Autobahnabschnitte aus der Maut herauszunehmen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])

Ich sage klar und deutlich: Vor diesem Hintergrund wundere ich mich schon über die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die in den letzten Tagen versucht hat, dieses Thema ausgerechnet bei uns abzuladen.

(Thomas Oppermann [SPD]: Das wundert mich auch! – Christine Lambrecht [SPD]: Ja,
ausgerechnet bei uns!)

Aber ich sage es einmal so: Ich verbuche das einfach als nervöses Wahlkampfgetöse.

(Beifall bei der SPD)

Die Pkw-Maut allein wird unsere Probleme bei den Verkehrsinvestitionen nicht lösen. Heute werden wir deswegen im Bundestag einen Entschließungsantrag mit einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen beschließen.

(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die nächste Legislaturperiode?)

Wir erwarten, dass die Bundesregierung bis zum Sommer 2016 die rechtlichen Voraussetzungen dafür schafft. Damit sichern wir dann ab Mitte 2018 bis zu 2 Milliarden Euro an Mehreinnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Wer von Steuer- und Mautzahlern zusätzliche Einnahmen haben will, der muss dafür sorgen, dass die Gelder ordentlich investiert werden. Ich bin froh – wirklich froh –, dass wir uns in der Koalition auf eine klare Strategie zur Priorisierung, die wir heute zur Abstimmung stellen, geeinigt haben.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

Wir werden künftig dort investieren, wo es den größten Nutzen für Pendlerinnen und Pendler sowie für Unternehmen hat. Vorrang haben Projekte mit überregionaler Bedeutung. Das ist genau die moderne Verkehrspolitik, die wir brauchen. Das Prinzip Gießkanne ist damit Vergangenheit.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, da bin ich ja mal gespannt auf die
Realisierung! Entschließungsanträge sind doch nur Makulatur!)

Es wird nicht nach Himmelsrichtung investiert, sondern von dieser Koalition wird dort investiert, wo es verkehrspolitisch notwendig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)