Die umfassende Digitalisierung unserer Wirtschaft verändert nicht nur Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle substantiell, sondern wirkt sich auch grundlegend auf die Art und Weise aus, wie viele Menschen in Deutschland leben, lernen und arbeiten.

Der für Wirtschaft zuständige Fraktionsvize Hubertus Heil erklärt dazu: „Industrie 4.0 ist kein Modethema, sondern ein Megatrend.“ Die weitergehende Digitalisierung der Fabriken biete großes Potenzial für Produktivitätsfortschritte. „Allerdings müssen wir aufpassen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Rechte dabei nicht unter die Räder kommen“, so Heil.

Im Fokus des Antrags steht nun die Rolle der Menschen in der digitalisierten Wirtschaft. Die Berichterstatterin für das Thema Industrie 4.0, Gabriele Katzmarek, sagt dazu: „Wir wollen die Arbeit in der digitalisierten Wirtschaft gestalten und fordern daher, die betriebliche Mitbestimmung mit Blick auf Industrie 4.0 weiterzuentwickeln.“ Zudem gelte es, den Arbeitnehmerdatenschutz zu stärken und dem Missbrauch von Werksvertragsgestaltungen entgegenzuwirken. Um die Beschäftigten auf die Anforderungen von Industrie 4.0 vorzubereiten, werden im Antrag entsprechende Verbesserungen des Aus- und Weiterbildungssystems gefordert. In Zusammenarbeit mit den Ländern sollen Hochschulen, Fachhochschulen und Berufsschulen dabei unterstützt werden, den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden.

Ein weiterer Schwerpunkt des Antrags liegt auf der Zukunft der Industrie. Es geht darum, dass Deutschland seine Vorreiterrolle als Fabrikausrüster der Welt behalten und ausbauen kann. Eine Voraussetzung dafür ist eine leistungsfähige digitale Infrastruktur. So fordern die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung auf, den beschlossenen flächendeckenden Breit-bandausbau mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Mbit/s zügig umzusetzen und auf lange Sicht höhere Übertragungsraten in den Blick zu nehmen.

Arbeit und Qualifizierung in den Blick nehmen

Die Forschung zu Industrie 4.0 soll über die technologischen Voraussetzungen hinaus auch die Bereiche Arbeit und Qualifizierung in den Blick nehmen. Wenn die Entwicklung intelligenter Produktionssysteme mit ihren weitreichenden Folgen für die Beschäftigten gefördert wird, muss auch die Digitalisierung der Arbeitswelt besser erforscht werden.

Startups sollen als Treiber der Digitalisierung unterstützt werden. Hier fehlt es in Deutschland nach wie vor an ausreichend Wagniskapital. Vor diesem Hintergrund fordert der Antrag die konsequente Umsetzung des dazu beschlossenen Eckpunktepapiers der Bundesregierung. Vor allem sollen keine zusätzlichen Hindernisse für Wagniskapital entstehen, wie etwa durch eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz.

Datenschutz und Datensicherheit identifiziert der Antrag als wichtige Standortfaktoren. Die Koalitionsfraktionen wollen deshalb einen vernünftigen Rechtsrahmen für IT-Sicherheit und Datensouveränität setzen. Dazu gehört ein erfolgreicher Abschluss einer EU-Datenschutzgrundverordnung, die unser nationales Datenschutzniveau erhält und über das europäische Niveau hinausgehende Standards ermöglicht. Zudem soll das Thema Normung vorangetrieben und ein Rechtsrahmen für die Digitalisierung der Industrie gesetzt werden. Dies wird nur im Schulterschluss von Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik gelingen. Daher begrüßen die Koalitionsfraktionen die von Sigmar Gabriel initiierte „Plattform Industrie 4.0“, in der sich die verschiedenen Akteure abstimmen, um eine erfolgreiche Um-setzung von Industrie 4.0 und den damit einhergehenden intelligenten Dienstleistungen („Smart Services“) in den Unternehmen voranzubringen.

Hubertus Heil hält die breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Industrie 4.0 für dringend geboten: „Deutschland ist ein starkes Industrieland. Aber wir dürfen uns nicht ausruhen und müssen die Digitalisierung schleunigst angehen. Mit dem Antrag setzen die Koalitionsfraktionen eigene Akzente – damit aus technologischen Innovationen auch sozialer Fortschritt wird.“

Hinrich Schröder