Einleitend sagte der Sachverständige Norbert Reuter, angesichts des fortschreitenden Produktivitätszuwachses und der zu erwartenden Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seien die mit Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung verbundenen Probleme bei entsprechendem politischen Willen lösbar. Hingegen erlärte der Sachverständige Prof. Dr. Miegel, eine alternde Gesellschaft werde weniger innovativ und wachstumsorientiert sein. Der Sachverständige Prof. Schmidt betonte ebenfalls, wegen der höheren Arbeitsproduktivität und der künftigen Zuwachsraten beim Wachstum sei „keine Panik“ angesagt. Der Experte Ulrich Brand kritisierte Versuche, düstere demografische Prognosen für eine Politik des Sozialabbaus zu instrumentalisieren.

Aus Sicht des Sachverständigen Reuter wird verkannt, dass es auch in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft zu Produktivitätsfortschritten und Wachstumszuwächsen kommen werde. Bei einem Produktivitätsplus von einem Prozent werde bis 2060 das BIP insgesamt leicht, das BIP pro Kopf sogar deutlich steigen. In seiner Prognose stützt er sich darauf, dass in den letzten 20 Jahren der Produktitvitätszuwachs im Schnitt bei 1,8 Prozent gelegen habe. Sollte es gelingen, die Erwerbstätigenquote auf 80 Prozent zu erhöhen, werde diese Entwicklung noch positiver verlaufen, so Reuter. Er trat dafür ein, die Bildungschancen für alle zu verbessern, die Beschäftigungsquote Älterer beispielsweise durch mehr Fortbildung zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen familienfreundlicher zu gestalten, die Einkommen der Arbeitnehmer zu steigern und Vermögende stärker zu besteuern.

Prof.Dr. Schmidt sagte, man starte in den demografischen Wandel auf hohem Niveau mit einem hohen materiellen Lebensstandard. Trotz eines in Zukunft drastischen Rückgangs der Zahl der Erwerbstätigen werde sich das BIP pro Kopf weiter erhöhen. Schmidt sprach sich für mehr Zuwanderung, für eine Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen, für flexible Regelungen beim Renteneintrittsalter und für eine Aufwertung der Bildungspolitik aus. Finanzierungsprobleme sieht der Sachverständige auf die Sozialversicherung zukommen, die nicht allein über das Wachstum gelöst werden könnten, sondern eine stärkere Konsolidierung der Staatshaushalte erforderten.

Prof.Dr. Miegel führte weiter aus, dass das Phänomen einer schrumpfenden Bevölkerung in der Geschichte immer mal wieder aufgetreten sei, doch eine alternde Gesellschaft wie die in Deutschland mit einem geringen Anteil von Kindern und Jugendlichen sei historisch gesehen etwas völlig Neues. Eine alternde Bevölkerung büße an Konsumorientierung ein, Dinge wie Ruhe und Genuss würden wichtiger als das Streben nach einem Mehr an ökonomischem Wohlstand. Es herrsche weniger gesellschaftlicher Wettbewerb, so Miegel, da zum Beispiel Jüngere problemlos in den Arbeitsmarkt nachrücken könnten. Denkbar seien ”paradoxe Effekte“, wenn etwa trotz wirtschaftlicher Einbußen die Leute eine bessere Lebensqualität registrierten.

Waltraud Wolff, SPD, wandte sich gegen „Defätismus“. Die zu erwartenden „Älteren“ in den kommenden Jahrzenhnten würden mehr neue Projekte und Investitionen wagen als die heute lebenden Menschen gleichen Alters. Eine ältere Bevölkerung könne eine Erfahrungsgesellschaft hervorbringen. Ältere Leute wollten sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Damit werde auch der technische Fortschritt in Zukunft rasch zunehmen.

Die Sitzung verdeutlichte: Die Herausforderungen durch den Demografischen Wandel der Bevölkerung in Deutschland sind immens. Wie werden wir in Zukunft die sozialen Sicherungssysteme aufrecht erhalten können? Wie können wir die dafür nötigen Einnahmen sichern? Wie halten wir den bisherigen Lebensstandard? Wird ein gravierender Wertewandel vollzogen werden oder werden müssen? All diese Fragen werden wir in den entsprechenden Projektgruppen der Enquete-Kommission auf die Tagesordnung setzen und darum kämpfen, sozialdemokratische Antworten im Endbericht der Kommission zu verankern.

 

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