Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher:

Aktionäre müssen auf Wunsch entschädigt werden, wenn sich die Aktiengesellschaft von der Börse zurückzieht.  Darüber sind sich die Rechtspolitiker der Koalitionsfraktionen einig. Denn Aktien, die nicht mehr an der Börse gehandelt werden, sind faktisch unverkäuflich. Nur noch der Großaktionär und wenige Spezialisten kaufen Aktien von solchen Unternehmen – zu Spottpreisen. Der Kleinaktionär ist dieser Situation hilflos ausgeliefert. Auch die öffentlichen Informationen über das Unternehmen, die mit der Börsennotierung verbunden sind, fallen für ihn weg.

„Wer Aktien an der Börse kauft, geht davon aus, dass er sie jederzeit zum Börsenpreis wieder verkaufen kann. Zieht sich das Unternehmen aber von der Börse zurück, geht diese jederzeitige Handelbarkeit verloren. Deshalb hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bestimmt, dass für das sogenannte Delisting ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich ist. Außerdem konnten widersprechende Aktionäre ihre Aktien gegen Entschädigung eintauschen. Diese Rechtsprechung hat der BGH im Oktober 2013 aufgegeben. Seitdem haben viele Aktiengesellschaften Delistings durchgeführt, die in der Regel schon bei deren Ankündigung zu starken Kursverlusten führten. In dieser Situation profitiert der Hauptaktionär, der die Aktien billig erwerben kann. Den Schaden bei dieser Abzocke haben die kleinen Minderheitsaktionäre.

In der Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zur Aktienrechtsnovelle Anfang Mai gab es überwiegend Einigkeit unter den Experten: Aktionäre müssen bei einem Delisting für den Wegfall der Handelbarkeit ihrer Aktie entschädigt werden. Die Berichterstatter der Koalition haben außerdem auch auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion zur Delistingproblematik ein internes Fachgespräch mit Experten durchgeführt. Dort wurde der dringende Regelungsbedarf bestätigt. Die Koalition prüft derzeit, auf welchem Weg der Schutz der Minderheitsaktionäre gesichert und wie der Rechtsschutz gewährleistet werden kann.

Wir wollen, dass noch im Herbst ein Gesetz auf den Weg gebracht wird.“