spdfraktion.de: Was ging dir durch den Kopf als klar war, dass du ab Oktober 2015 in den Bundestag nachrückst?

Ganz ehrlich hatte ich fast schon nicht mehr damit gerechnet. Christina Kampmann rief mich genau an meinem Geburtstag an und gratulierte zum neuen Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages. Mich hat das sehr gefreut und es war zufällig gleichzeitig ein richtig gelungenes Geburtstagsgeschenk.

Du musstest sicherlich in kürzester Zeit dein „neues Leben“ in Berlin vorbereiten. Bitte gib uns einen kleinen Einblick, wie du deinen Arbeitsalltag organisierst.

Ich habe nun eine Zweitwohnung in Berlin. Um 6 Uhr stehe ich auf und bereite mich beim Frühstück bereits inhaltlich auf den anstehenden Tag vor.

Zwischen 8 und 9 Uhr beginnt meine offizielle tägliche Arbeitszeit. Neben der Arbeit im Plenum arbeite ich in mehreren Arbeitsgruppen; es gibt Expertenhearings, Diskussionen, Ausschusssitzungen, Arbeitsbesprechungen mit meinen Mitarbeitern sowie persönliche Kontakte mit Vertretern von Interessenverbänden, Kirchen und anderen Institutionen. Ich besuche sehr gerne den wöchentlichen Landesabend NRW und bekomme darüber hinaus zahlreiche Einladungen zu sehr vielen wichtigen und interessanten Veranstaltungen. Bei der Annahme von Einladungen konzentriere ich mich aber immer klar auf meine inhaltlichen Schwerpunkte.

Die Abende nutze ich häufig zur Nacharbeit des Tages, zur Vorbereitung des kommenden Tages und zum Telefonat mit meinen Mitarbeitern im Wahlkreis. Das Plenum tagte zwar einmal bereits bis 23:45 Uhr. Mein Arbeitstag in Berlin endet aber in der Regel zwischen 22 und 22:30 Uhr.

Du warst die letzten Jahre Bürgermeisterin der Stadt Köln. Wie groß ist die Umstellung von der Kommunalpolitik in die Bundespolitik?

Aus meiner langjährigen Tätigkeit in der Kommunalpolitik kenne ich die praktischen Auswirkungen von Beschlüssen des Deutschen Bundestages. In der Kommune wirkt sich Politik sofort und unmittelbar auf das alltägliche Leben der Menschen aus.
Diese Erfahrung hat den unschätzbaren Vorteil, dass ich bei meiner Arbeit in Berlin immer schon einen Schritt weiter in Richtung konkrete Umsetzung vor Ort denke. Das sind ja ganz konkrete Fragen: Was bedeutet das Gesetz vor Ort? Wie funktioniert die Umsetzung? Was braucht die Kommune? Politik bleibt für mich mit diesem Hintergrund auch in Berlin immer konkret greifbar.

Haben dich die anderen SPD-Bundestagsabgeordneten gut aufgenommen? Und wie waren deine Eindrücke von deinen ersten Plenarsitzungen im Reichstag?

Ich wurde in der SPD-Fraktion sehr freundlich aufgenommen und mit einem Blumenstrauß herzlich begrüßt. In den folgenden Tagen begleiteten mich viele Kolleginnen und Kollegen persönlich und sehr freundschaftlich. Ich bekam zahlreiche wertvolle Empfehlungen zur eigenen Organisation und Gestaltung des Sitzungsalltags und lernte auf dem großen Gelände bereits die ersten Abkürzungen kennen.
Die Sitzungen laufen sehr professionell und strukturiert ab. Das Bundestagspräsidium moderiert gekonnt und hat den Ablauf der Sitzung voll im Griff. Ich freue mich auf meine weitere Arbeit in dieser angenehmen Atmosphäre.

In welchem Bundestagsausschuss und in welcher Fraktionsarbeitsgruppe wirst du mitarbeiten?

Ich arbeite als Mitglied des Ausschusses Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung. Stellvertretendes Mitglied bin ich im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Außerdem arbeite ich aktiv in der Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion gegen Rechtsextremismus mit.

Was ist dein selbstgestecktes Ziel in deiner ersten Wahlperiode? Was willst du für deinen Wahlkreis, dein Bundesland Nordrhein-Westfalen und für Deutschland bewegen?

Beschlüsse des Deutschen Bundestages berühren die Menschen in der Kommune mit unmittelbar. Ich werde der Kommunalpolitik daher eng verbunden bleiben. Ich verstehe mich als Architektin einer Brücke zwischen Köln und Berlin, die beide Seiten optimal miteinander verbindet. Impulse aus meinem Wahlkreis und aus meinen Organisationen möchte ich für Initiativen in Berlin nutzen und meine Arbeit in Berlin soll für Köln aber auch überregional für ganz Deutschland Fortschritte in den von mir bearbeiteten Themenfeldern bringen.

Ein konkretes Beispiel zur Umsetzung: In Köln bin ich Schirmherrin von Rheinflanke - Köln kickt. Sport wird in dieser gemeinnützigen Organisation zum Schlüssel für den besten und einfachsten Zugang zu Kinder und Jugendlichen, die sozial benachteiligt und in bildungsfernen Strukturen aufgewachsen sind. Werte wie Respekt und Toleranz werden vermittelt und dienen der Persönlichkeitsbildung. Weitere Programme fassen gezielt Bildungs- und Ausbildungschancen ins Visier. Wir müssen auch in diesem Zusammenhang an die Flüchtlinge in unserem Land denken. Bildung ist die Grundlage für Integration und Teilhabe. Dafür setzen wir uns ja übrigens im Bildungsausschuss auch ein.

Bereits innerhalb der ersten zwei Monate meiner Amtszeit habe ich die Freude und die Ehre, den Start dieser Initiative nun auch in Berlin verkünden zu können. Ich hoffe, dass diesem gelungenen Beispiel aus Köln und nun auch Berlin viele weitere im ganzen Bundesgebiet folgen. Weitere Initiativen werden folgen. Doch halte ich es gewöhnlich so, erst dann darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen, wenn die ersten Ansätze realisiert sind.